Transformation statt Stückwerk: Wie Technologiepartnerschaften Qualität, Effizienz und Versorgungssicherheit verbinden – nach industriellem Vorbild

Beitrag von Gerald Götz - Kompetenzfeldleiter Technologiemanagement (29.10.2025)

Rückblick auf den 24. Europäischen Gesundheitskongress München (21. - 22. Oktober 2025)

Die Diskussionen in München waren klar: Prävention ins Zentrum, Digitalisierung mit Maß und Ziel – und vor allem bedarfsgerechte Lösungen statt Technikbegeisterung um ihrer selbst willen. Mehrere Stimmen (u. a. IKK classic, AOK, vdek, München Klinik) haben die Richtung markiert. Dieser Beitrag ordnet die Punkte ein und zeigt, wie professionelle Technologiepartnerschaften Kliniken helfen können, Versorgungssicherheit, Qualität und Wirtschaftlichkeit zusammenzubringen – nach industriellem Vorbild.

Bedarfsgerecht statt Hype: Was in den GKV-Katalog gehört – und was nicht

Nicht jede Innovation sollte um jeden Preis in den GKV-Katalog aufgenommen werden, nur weil sie „hip“ erscheint. Laut IKK classic sind der klinische Nutzen, ein überzeugendes Kosten-Nutzen-Verhältnis und die breite Anwendbarkeit entscheidend. Für Kliniken folgt daraus, Investitionen dort zu priorisieren, wo sich Patientenergebnis und Wirtschaftlichkeit nachweislich verbessern. Ein sauberes Evaluationsdesign mit klaren Outcomes, verlässlicher Datenqualität und einem belastbaren Messplan gehört von Beginn an dazu.

Technologiepartnerschaften: Fokus auf klinischen und wirtschaftlichen Nutzen

Technologiepartnerschaften richten den Blick weg vom Gerätepark hin zum Ergebnis. Ziele werden gemeinsam definiert, Verantwortlichkeiten klar zugeordnet und die Beschaffung wird in eine prozessuale Gesamtlogik eingebettet. Wirksam wird eine Technologiepartnerschaft dann, wenn klinische und ökonomische Ziele messbar sind (z.B. Komplikationsraten, Verweildauern, OP-Durchsatz, Vollkostenfallwerte) und wenn Servicelevels, Rollen und Rechte sowie Datenportabilität Abhängigkeiten vermeiden. Statt kurzfristiger Projekte sind tragfähige Betriebsmodelle mit fairer Risikoteilung erforderlich.

Stadt und Land differenziert versorgen: Leistungsaufträge zielgenau steuern

Nicht jede Klinik hat allein durch ihre Existenz eine Daseinsberechtigung. Ausschlaggebend ist ihre Versorgungsfunktion. Der vdek betonte die unterschiedliche Logik von ländlicher Grundversorgung und städtischer Spezialisierung. Technologiepartnerschaften könnten beide Versorgungsformen bedarfsgerecht ausstatten und wirtschaftlich betreiben, wenn sie modular, skalierbar und an Leistungsgruppen ausgerichtet planen würden. 

Demografie und Prävention: Leistungsdruck der nächsten Jahre abfedern

Ohne eine deutliche Stärkung der Prävention wird der Generationenwechsel der Babyboomer in den kommenden Jahren einen spürbaren Zuwachs bei somatischen Leistungen auslösen. Prävention ist damit keine Zusatzoption, sondern eine zentrale Kapazitäts- und Produktivitätsstrategie.

Keine „Klinikkrise“, sondern Dauerveränderung: Warum Flexibilität jetzt zählt

AOK und vdek erinnerten daran, dass Veränderung die Normalität sei und kein Anlass für den Ruf nach grundlegenden Systembrüchen. Wer auf Technologiepartnerschaften setze, gewinne Flexibilität in Bau, Technik und Organisation und könne Anpassungen laufend vornehmen, statt regelmäßig bei null zu beginnen.

Versorgungsklarheit schaffen: Regionalkonferenzen, Zielbild und Transformationsfonds

Viele Häuser arbeiten ohne stabiles Zielbild. Die München Klinik benannte offen die fehlende Versorgungsklarheit und -sicherheit. Die Bayerische Krankenhausgesellschaft lädt zu Regionalkonferenzen ein, um landkreisübergreifend Potenziale für Kooperationen etc. auszuloten. Ein verabredetes Zielbild wird damit zur Grundlage für Bedarfsanmeldungen im Transformationsfonds und schafft zugleich die Basis für tragfähige Technologiepartnerschaftsmodelle.

Zielbild + Standards = wirksame Technologiepartnerschaft: Interoperabilität, Datenportabilität, Servicelevels

Das Herzstück einer Technologiepartnerschaft ist ein belastbarer Outcome- und Datenplan, der klinische und wirtschaftliche Wirkung gleichermaßen adressiert. Interoperabilität entsteht durch konsequente Standards bei Schnittstellen und Terminologien. Servicelevels, Rollen, Rechte und eine klare Governance sorgen für Verbindlichkeit. Datenportabilität verhindert Lock-in, während ein Transformationsplan mit Qualifizierung und Change-Begleitung die Umsetzung trägt. Eine kompetenzgerechte Risikoteilung zwischen Klinik und Partner macht das Modell robust. Industriekompetenz kann so gezielt in die Versorgungsgestaltung einfließen. Zentral bleibt der konsequente Abbau heterogener Altlasten und proprietärer Inseln. Kosten- und Ergebnisverantwortung werden in der Partnerschaft verankert.

Vom Reden ins Handeln: Ziele, Standards und Verantwortlichkeiten festlegen

Erfahrene Praktiker warben für Zuversicht und Klarheit. Die Umsetzung gelinge, wenn Ziele konkretisiert, Verantwortlichkeiten verbindlich festgelegt und Standards durchgängig angewendet würden. Sinnvoll sei ein Etappenplan, der den Weg vom Piloten über kontrolliertes Skalieren in die Regelversorgung beschreibe. Begleitende Qualifizierung, Change Management und einfache, verlässliche Prozesse würden den Übergang absichern.

Transformation statt Einzelmaßnahmen: Lehren aus dem KHZG

Der Transformationsfonds fördert gesamtheitliche Veränderung und verlangt ein Zielbild; er ist nicht auf isolierte Einzelmaßnahmen ausgerichtet, wie sie im KHZG häufig zu beobachten waren. Der vdek stellte klar, dass Wirkung nur entstehe, wenn Prozess, Technik, Daten, Cybersicherheit, Qualifizierung und Vergütung in einem abgestimmten Modell zusammenfinden. Genau das leistet eine gut gestaltete Technologiepartnerschaft. 

KHZG nüchtern bilanzieren: Förderung sichtbar – Effizienzgewinne noch unklar

Im DigitalRadar seien 4,3 Milliarden Euro Förderung sichtbar, doch für Beitragszahlende und Patienten würden sich bislang keine klaren Effizienzgewinne belegen lassen, wie die AOK betonte. Die Lehre daraus laute, Wirkung konsequent zu messen und nicht allein Projekte zu zählen. Wirkungsorientierung müsse zum Standard werden.

Produktivität, Preise, Wettbewerb: Warum prozessorientierte Technologiepartnerschaften wirken

Laut Destatis, GKV-Spitzenverband und AOK-Bundesverband ist die Produktivität deutscher Kliniken seit 2014 um rund ein Viertel gesunken. Zugleich liegen seit 2014 – mit Ausnahme der Corona-Jahre – die Preisveränderungen klinischer Leistungen über der Inflationsrate. Das Klinikum Nürnberg verwies auf die dahinterliegende Planwirtschaft und den geringen Wettbewerb als Treiber. Prozessorientierte Technologiepartnerschaften würden daher dort ansetzen, wo Durchsatz, Qualität und Kosten entschieden werden: in den Abläufen, den Verantwortungsstrukturen und den Daten.

Gesetzlicher Rahmen der Krankenhausreform: Qualität, Flächendeckung, Effizienz, Entbürokratisierung

Die Ziele von KHVVG und KHTFV sind klar: die Behandlungsqualität steigern, die flächendeckende Versorgung sichern, die Effizienz erhöhen und Bürokratie abbauen. Das deckt sich mit dem Ansatz einer prozessorientierten Technologiepartnerschaft, die Struktur, Prozess und Technik zusammenführt und Ergebnisse nachvollziehbar macht.

In fünf Schritten zur tragfähigen Technologiepartnerschaft

  1. Zielbild entwickeln (Leistungsgruppen, Arbeitsteilung, Versorgungswege, Kapazitätslogik)
  2. Outcome-Metriken festlegen (klinisch, wirtschaftlich, patientenbezogen) mit sauberem Messplan und Regelversorgung planen (Meilensteine, Qualifizierung, Wirkungskontrolle)
  3. Standardarchitektur definieren (Interoperabilität, Datenportabilität, Sicherheit)
  4. Formale Anforderungen zur Technologiepartnerschaft formulieren (Servicelevels, Rollen, Vergütung, Risiko-Kosten-Teilung)
  5. Vergabeverfahren durchführen: Der wettbewerbliche Dialog (§119 (6) GWB) ist ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge mit dem Ziel der Ermittlung und Festlegung der Mittel, mit denen die Bedürfnisse des öffentlichen Auftraggebers am besten erfüllt werden können.

Der Kongress hat den Kurs vorgegeben: Bedarfsgerecht planen, Wirkung messen, Standards durchsetzen. Technologiepartnerschaften verbinden Struktur, Prozesse und Technik zu messbarer Versorgung – in der Stadt und auf dem Land. Wer jetzt Zielbilder schärft und Technologiepartnerschaftsmodelle nach industriellem Vorbild sauber aufsetzt, beschleunigt die Transformation vom Piloten in die Regelversorgung.

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