Integration digitaler Prozess-Abbilder in die Softwareimplementierung und ins Change Management
Beitrag von Patrick Wagner - Project Manager (05.06.2025)
Integration digitaler Prozess-Abbilder
Im Zuge des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Digitalprojekte in Krankenhäusern geplant und umgesetzt. Zusätzlich zu Akzeptanzproblemen und weiterhin bestehenden Interoperabilitätsproblemen kam es aufgrund von Ressourcenknappheit bei Systemherstellern in den IT-Abteilungen und bei den medizinischen und pflegerischen Projektbeteiligten der Krankenhäuser hierbei nicht selten zu Verzögerungen in der Implementierung. Deshalb wurde häufig die Entscheidung getroffen, vorhandene analoge Prozesse lediglich digital in den beschafften Softwaresystemen nachzubilden. Oft wurde dabei nicht beachtet, die zugrundeliegenden Prozesse zwischen virtueller und realer Welt in Einklang zu bringen. Eine solche Vorgehensweise widerspricht jedoch der allgemein anerkannten Empfehlung, Prozesse vor der Digitalisierung zu erheben und – wenn nötig – grundlegend zu überarbeiten, bevor sie in Anwendungssysteme integriert werden.
Denn nur durch die gezielte Erhebung, Validierung, Analyse und Optimierung der Arbeitsprozesse sowohl auf der organisatorischen als auch auf der IT-Ebene lassen sich die positiven Effekte der Digitalisierung, bis hin zur tatsächlichen Transformation eines Prozesses, bestmöglich erreichen. Im klinischen Bereich ist dies zu großen Teilen auf der Transparenz der verfügbaren Informationen begründet sowie durch eine Qualitätssteigerung durch Fehlerreduktion, gestiegene Patientenzufriedenheit und Teilhabe und durch eine erwartete Kostensenkung in Folge einer Effizienzsteigerung.
Mit der Einführung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) gewinnt das gewählte Vorgehen erneut an Relevanz. Denn damit einher gehen grundsätzliche Änderungen der Versorgungsprozesse.
Verbesserung der Prozess-Abbilder in Anwendungssoftwares
Kann die Erhebung, Validierung, Analyse und Optimierung der Prozesse während der Implementierungsphase nicht umgesetzt werden, sollte zumindest von Beginn an ein Plan bestehen, um dies nach der Einführung schrittweise zu realisieren. Dies gilt sowohl für Arbeitsprozesse, die in der digitalen Umgebung nur abgebildet und dokumentiert werden (sehen, agieren), als auch für die Prozesse mit hoher digitaler Reife, in Form von virtuellen 1:1-Abbildungen, bis hin zur digital unterstützten Entscheidungsfindung.
Ein iteratives Vorgehen kann hierbei auch als Vorteil genutzt werden. Denn zu Beginn der Implementierung fehlt den Beteiligten oft das tiefergehende Verständnis für die spezifischen Anwendungssysteme und die Möglichkeiten der darin optimal gestalteten Prozesse. Mit der Zeit steigt somit das Wissen über das jeweilige Anwendungssystem und dessen Fähigkeiten, insbesondere im Kontext der Systemumgebung. Die Umsetzung anhand der neu erworbenen Erkenntnisse ermöglicht also eine sukzessive, aber optimale Anpassung der zu betrachtenden Prozesse.
Damit Prozesse und die dazugehörigen Daten, die in ihnen verarbeitet werden, auf ihre Tauglichkeit bezüglich der Transparenz und des Nutzens überprüft werden können, sollte mit der Einführung und Nutzung neuer Anwendungssoftware mindestens einmal eine grundlegende Erhebung der wichtigsten bestehenden Informationsobjekte und technischen Bausteine entlang der Patient-Journey erfolgen. Um dies erfolgreich umsetzen zu können, ist eine Entwicklung von ausgewählten Anwendungsfällen (Use Cases) anzuraten. Bestehende Systemlandschaften und Prozesslandkarten können so abgeglichen und auf Abhängigkeiten geprüft werden. Aufbauend auf den Ergebnissen kann das System dann sukzessive verbessert werden. ZEQ verwendet hierzu das selbst entwickelte Enterprise-Architektur-Management PRODAS zur ganzheitlichen Abbildung der Prozess-, Daten- und Systemarchitektur (www.prodas.de).
Handlungsempfehlung
Um einen möglichst großen transformativen Nutzen nach der Softwareeinführung zu erzielen, sollte folgendes iteratives Vorgehen in Betracht gezogen werden:
- Etablieren eines Change Managements und Zusammenbringen von prozessnahen beteiligten Ansprechpersonen und der Anwendungsbetreuung
- Erhebung und Analyse der bestehenden noch analogen und bereits digital abgebildeten Prozesse in Pilotbereichen inkl. der für die Nutzer benötigten Informationen (Daten)
- Anpassung und Validierung der Prozesse basierend auf neu gewonnenen Erkenntnissen unter Berücksichtigung einer transparenten Dokumentation und Vereinheitlichung von Informationsobjekten in verschiedenen Anwendungssystemen
- Kontinuierliche Überprüfung der Prozessintegration zur fortlaufenden Verbesserung der Effizienz
Fazit
Die bestmögliche digitale Prozess-Abbildung und -Integration ermöglichen eine zunehmend datenbasierte, effiziente und automatisierte Durchführung von Abläufen. Neben der einmaligen Umsetzung im Rahmen der Implementierung können Anpassungen auch von vorneherein sukzessive erfolgen, nachdem AnwenderInnen die Softwarefunktionen bereits kennengelernt haben. Die Entscheidung für das entsprechende Vorgehen sollte bewusst getroffen und geplant werden.
Ziel ist es mit beiden Methoden die Herausforderungen der Digitalisierung in Krankenhäusern nachhaltig zu bewältigen und durch die Nutzung von Anwendungssystemen einen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen.
Quellen
Krankenhaus-IT Journal (14.07.2023): KHZG-Fristverlängerung über 2024: IT-Strategie-Analyse für Krankenhausmanager
J. Klauber et al. (2023): Krankenhaus-Report 2023 M. Elstermann et al. (2023): Ganzheitliche Digitalisierung von Prozessen
Zukunftsrat der Bayerischen Wirtschaft (2017): Neue Wertschöpfung durch Digitalisierung - Analyse und Handlungsempfehlung
E. Foth (2022): Smart Services mit künstlicher Intelligenz - Best Practices der Transformation zum digitalisierten, datengetriebenen Unternehmen
ZEQ Unternehmensberatung: www.zeq.de/prodas