Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Einführung von PROMs (Teil 3/3)
Beitrag von Leonie Brenner - Project Manager (09.05.2025)
Die Einführung von Patient-reported Outcome Measures (PROMs) zählt zu den vielversprechendsten Innovationsprojekten in der stationären Versorgung. PROMs tragen dazu bei, den Behandlungserfolg aus Patientensicht aufzuzeigen und damit neue Impulse für Qualitätssicherung, Versorgungssteuerung und klinische Weiterentwicklung zu geben. PROMs bieten außerdem das Potenzial, die Wirkung ärztlichen und pflegerischen Handelns sichtbar zu machen und somit die Mitarbeitermotivation und die Identifikation mit der beruflichen Rolle zu stärken.
Doch die erfolgreiche Einführung von PROMs im Klinikalltag ist komplex und geht mit technischen, strukturellen, personellen und kommunikativen Herausforderungen einher.
Dieser Beitrag zeigt die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Stolpersteine auf – praxisnah und strukturiert.
Ein typischer Implementierungsprozess
Die Einführung von PROMs folgt meist einem mehrstufigen Ablauf, der in der Praxis individuell angepasst werden muss:
- Planung und Vorbereitung: Zieldefinition, Auswahl der Patientengruppen und passenden Messinstrumente, Festlegung von Messzeitpunkten.
- Technische Umsetzung: Entwicklung oder Integration digitaler Erhebungssysteme (z. B. Patientenportale, Anbindung an EPA).
- Schulung des Personals: Sensibilisierung für Nutzen, Interpretation und Integration der Ergebnisse.
- Digitale Datenerhebung: Durchführung der Erhebung über benutzerfreundliche, datenschutzkonforme Systeme mit automatisierter Follow-up-Befragung.
- Auswertung und Ergebnisberichterstellung: Automatisierte oder manuelle Aufbereitung für verschiedene Zielgruppen sowie Visualisierung der Ergebnisse für Mitarbeitende und PatientInnen.
- Analyse der Ergebnisse und Evaluation: Bewertung der Daten im Behandlungsteam, Festlegung von Zuständigkeiten und Ableitung von Maßnahmen.
- Implementierung in den Klinikalltag: Verfügbarkeitder Daten, Einbindung in Routineversorgung, Teambesprechungen und Qualitätszirkel.
- Evaluation: Festlegung von Kriterien für eine erfolgreiche Implementierung (z. B. Häufigkeit des Einsatzes, Akzeptanz und Zufriedenheit der PatientInnen und Mitarbeitenden, Datenqualität, Integration Besprechungswesen).
Jede Phase bringt spezifische Herausforderungen mit sich und bietet gleichsam die Chance, die Wirkung für PatientInnen und Mitarbeitende zu stärken.
Erfolgsfaktoren für die PROMs-Implementierung
1. Klare Zielsetzung und Nutzenkommunikation
- PROMs müssen zielgerichtet eingeführt werden. Ausgangsfrage bei der Einführung ist daher: Was soll durch den Einsatz von PROMs verbessert werden? Geht es um Qualitätssicherung, Forschung, patientenindividuelle Behandlungssteuerung, Leistungs-feedback und/ oder Optimierung von Behandlungspfaden?
- Der Nutzen für unterschiedliche Interessensgruppen muss transparent gemacht werden. Es muss präzisiert werden, wer von den Ergebnissen inwiefern profitiert (z. B. PatientInnen, klinisches Personal, Controlling, Klinik insgesamt)? PROMs dürfen nicht als zusätzliche Belastung, sondern müssen als praxisrelevantes Feedback verstanden werden.
2. Standardisierte Prozesse
Für den erfolgreichen Einsatz von PROMs ist die Festlegung eines einheitlichen Verfahrens zur Erhebung, Auswertung und Interpretation der Ergebnisse elementar. Dazu gehören unter anderem:
- Definition von Verantwortlichkeiten und Schnittstellen (z. B. IT-System, Ärztlicher Dienst, Pflegedienst, Verwaltung etc.).
- Frühzeitige Definition von kritischen Schwellenwerten und Reaktionen auf Auffälligkeiten. Es bedarf klarer Regelungen, wie mit kritischen PRO-Werten umgegangen wird – inklusive Eskalationspfaden.
- Festlegung von Zugangswegen zu den Zielgruppen, Z. B.:
- PatientInnen mit einem Termin bei einer bestimmten Ärztin/ einem bestimmten Arzt oder in einer bestimmten Fachabteilung
- PatientInnen mit einem spezifischen Prozedurencode
- PatientInnen mit einer bestimmten Anordnung (z. B. präoperative Anordnung für eine Hüftendoprothese)
- PatientInnen mit einem spezifischen Diagnosecode
- Festlegung der Turni der Auswertungen (Echtzeit-Übertragung, periodische Auswertungen (monatlich, quartalsweise, jährlich) oder bedarfsgerechte Auswertung auf Anforderung).
- Klärung der Frage, wie die Informationen zu den PRO-Daten an das medizinische Personal gelangen und in welcher Frequenz die eingehenden Daten begutachtet werden.
3. Passende Instrumente und Zielgruppen
- Die Auswahl der Patientengruppen sowie der richtigen Zeitpunkte (vor, während, nach der Behandlung) der Erhebung sind entscheidend für die Aussagekraft der Ergebnisse. Relevant bei der Auswahl der Patientengruppen ist die Frage, auf welcher Ebene PROMs eingesetzt werden sollen:
- auf patientenindividueller Ebene,
- auf Patientengruppen-Ebene, um Behandlungspfade zu steuern (z. B. Herzinsuffizienz),
- auf Fachabteilungsebene (z. B. Kardiologie) oder
- auf Fachabteilungs-Vergleichsebene à Risikoadjustierung notwendig (Patientenbezogene Risiken (z. B. Alter, Begleiterkrankungen) werden bei einem Vergleich berücksichtigt)
- Für die Wirksamkeit ist außerdem eine gezielte Auswahl validierter PROMs je nach Fachbereich und Patientengruppe erforderlich.
- Es müssen klare Einschluss- und Ausschlusskriterien definiert werden, wann und bei wem PROMs eingesetzt werden. Mögliche Einschränkungen für die Anwendung liegen beispielsweise bei minderjährigen PatientInnen, PatientInnen mit kognitiven Einschränkungen und PatientInnen mit sprachlichen Barrieren vor.
- Die theoretische Planung muss mit belastbaren Zahlen unterlegt werden, damit eine realistische Prognose über das erwartete Volumen an PatientInnen und eingehenden PROMs erstellt werden kann.
4. Technische Integration
- Die Erhebung von PROMs sollte möglichst ohne Medienbrüche erfolgen und direkt in bestehende IT-Systeme integriert werden, etwa über ein Patientenportal oder vorhandene Befragungstools. Wichtig ist dabei nicht nur die Auswahl eines geeigneten Systems, sondern vor allem die Sicherstellung, dass PROM-Daten zeitnah und automatisiert in die Elektronische Patientenakte (EPA) übertragen werden können. Dies erfordert ein gezieltes Schnittstellenmanagement.
- Die Integration von PROMs sollte so erfolgen, dass sowohl PatientInnen als auch Klinikpersonal über intuitive Oberflächen verfügen. Nur so lässt sich die durchgängige Nutzung im Klinikalltag gewährleisten und die Akzeptanz bei PatientInnen und Mitarbeitenden sichern.
5. Schulung und Zuständigkeiten
- Alle Beteiligten sollten im sicheren und souveränen Umgang mit PROMs geschult werden, um eine konsistente Anwendung im Klinikalltag zu gewährleisten.
- PROMs benötigen feste Verantwortlichkeiten. Für die Erhebung, Auswertung und Weitergabe der PROM-Ergebnisse müssen klare ärztliche und pflegerische Verantwortlichkeiten im Team definiert werden.
6. Sichtbarkeit der Ergebnisse für Mitarbeitende
- Ein oft unterschätzter Erfolgsfaktor ist die Rückspiegelung der Ergebnisse an die Teams. PROMs geben unmittelbares Feedback zur Wirkung ärztlichen und pflegerischen Handelns. Werden diese Ergebnisse sichtbar gemacht und aktiv kommuniziert, steigert das die Motivation und stärkt den Sinn der täglichen Arbeit. Gerade in einer durch Zeitdruck geprägten Umgebung kann dies zur emotionalen Entlastung beitragen und Identifikation fördern.
- Bei der Ergebnisweitergabe an das Personal sind folgende Punkte im Vorfeld zu klären:
- Wie werden die Informationen übersichtlich und leicht verständlich für die Mitarbeitenden aufbereitet? (Dashboard am PC, Aushang auf Station, Anzeige auf Monitor etc.)
- Wie häufig erhalten die Mitarbeitenden Feedback zur Ergebnisqualität?
- Wie werden die Ergebnisse visualisiert?
7. Patientenbeteiligung fördern
- Ziel und Nutzen von PROMs sollten verständlich kommuniziert werden, da eine erfolgreiche Umsetzung voraussetzt, dass PatientInnen den Wert ihrer Rückmeldungen erkennen.
- Für die jeweiligen Patientengruppen sollten niederschwellige Zugangsmöglichkeiten geschaffen werden, um die Teilnahme an der Erhebung so einfach wie möglich zu gestalten. Dazu zählen:
- Anbindung an das Patientenportal
- Druck des Umfragelinks/ Umfrage-QR-Codes auf Printmedien (Postkarten, Flyer, Informationsschreiben, Entlassbrief)
- Versand des Umfragelinks/ Umfrage-QR-Codes per E-Mail,
- Bed-Side-Terminals,
- Website etc.
Fazit: PROMs als Chance begreifen
Die Einführung von PROMs ist mehr als ein technisches Projekt. Sie ist eine strategische Entscheidung für eine höhere Patientenzentrierung, sichtbare medizinische Qualität und Mitarbeitermotivation – aber auch ein Veränderungsprozess, der klare Ziele, engagierte Teams und eine durchdachte technische Umsetzung erfordert. Wer die Herausforderungen kennt und gezielt an den Erfolgsfaktoren arbeitet, kann PROMs als wertvolles Steuerungsinstrument etablieren.
Sie wollen mehr über PROMs in Ihrer Klinik erfahren oder ein Pilotprojekt starten? Schreiben Sie uns direkt an arbeitgeberattraktivitaet@zeq.de. Wir helfen Ihnen gerne dabei, ein auf Ihre Klinik passendes PROMs-Konzept zu entwickeln und umzusetzen.