Setzen Pflegekräfte die richtigen Prioritäten?

In Zeiten immer knapper werdender Personalressourcen ist es für die Berufsgruppe Pflege unumgänglich, sich mit der Frage nach den richtigen Prioritäten im Arbeitsalltag auseinanderzusetzen. Was muss die Pflegekraft tun, was sollte sie tun und was kann sie weglassen?

 

In meiner Tätigkeit als Projektleiterin bei der Einführung der elektronischen Pflegedokumentation mit den Methoden ePA-AC und LEP, habe ich festgestellt, dass es unumgänglich ist, auf die Qualität der erhobenen Daten zu achten. Bei der Analyse der Daten einer chirurgischen Station fiel auf, dass Patienten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt waren, weder gelagert noch mobilisiert wurden. Auf Nachfragen wurde kein Versäumnis in der Dokumentation deutlich, sondern die Aussage getätigt, dass keine Zeit für das Lagern oder Mobilisieren sei. Die erneute Analyse der LEP-Daten zeigte jedoch einen täglichen Aufwand von über 13 Stunden in der Körperpflege, also dem Waschen der Patienten. Der saubere Patient, der täglich seine Ganz- oder Teilkörperwäsche bekommt, wird immer noch von den Pflegekräften als Zeichen einer guten Pflege gesehen.

Wer dies in Frage stellt, erzürnt Pflegende, und sofort wird der zeitliche Aufwand für die Dokumentation diskutiert. So ist im Alltag meist die Dokumentation das Erste, was Pflegekräfte guten Gewissens weglassen. Dabei gehört die Dokumentation zu den Tätigkeiten, die gesetzlich gefordert sind. EPA-AC und LEP sind Methoden, die von Pflegekräften für Pflegekräfte entwickelt wurden. Gelingt die Umsetzung mihilfe von Software, sollte sich bei einer sehr guten Pflegeprozessdokumentation kein erhöhter Zeitaufwand ergeben. Hier sind auf der einen Seite die Softwareanbieter gefordert die Programme anwenderfreundlich, also sicher und schnell zu gestalten. Auf der anderen Seite müssen aber auch die Führungskräfte eindeutig definieren, was und in welchem Ausmaß dokumentiert werden soll. Meines Erachtens benötigt ein Patient ohne Pflegebedarf z. B. keine Pflegeplanung. Hier ist es ausreichend, auf einen für das Krankheitsbild entwickelten Standard zurückzugreifen.

Die geplante Pflege für einen Patienten mit Pflegebedarf ist jedoch gerade bei großer Arbeitsverdichtung sinnvoll. Ausgehend aus den mit ePA-AC erhobenen Defiziten können bedarfsgerechte Maßnahmen geplant werden. Pflegekräfte argumentieren hier sehr gerne, dass das Erstellen einer Planung unnötig viel Zeit kostet, da sie aus ihrer Profession heraus wüssten, was der Patient benötigt. Gerade jedoch für das Setzen von Prioritäten und eine gemeinsame Sicht für alle am Behandlungsprozess beteiligten Pflegekräfte ist eine Pflegeplanung unumgänglich. Um auf die eingangs geschilderte Situation zurückzukommen bedeutet dies, dass für Patienten mit verminderter Fortbewegungsfähigkeit Lagerung oder Mobilisation fest geplant wird. Die Körperpflege jedoch kann in vielen Fällen reduziert werden. Auch ein bettlägeriger Patient benötigt nicht täglich eine Ganzkörperwäsche.

Die Daten der Pflegeprozessdokumentation, die in erster Linie natürlich der Dokumentation dienen und oft von den Führungskräften zur Personalsteuerung benutzt werden, sollten zunehmend zu notwendigen Prozessanalysen verwendet werden. Nur so wird es meines Erachtens möglich sein, bei knappen Personalressourcen dem Patienten die Versorgung zukommen zu lassen, die er benötigt. Die Führungskräfte der Pflege müssen sich mit Fragen der richtigen Priorisierung auseinandersetzen.

 

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